– Reisetagebuch von Bruder Fahlon –
Priester des Tempels zur Gottheit Martu in Sonnengrad
Hauptstadt des Kaiserreiches Drea
Jahr 17 L.R.
Es war kalt, eisig kalt. Apsus Gewässer waren gefroren und die stets in Bewegung bleibende Kraft der Göttin schien in Stille erstarrt zu sein. Der Boden war von dickem weißem Schnee bedeckt und wir kamen nur langsam voran.
Wir waren erneut auf einer Expedition im Wildlingswald. Unsere Aufgabe war es einen Eremiten im Wald zu finden, von dem wir Informationen über die Wildlingsstämme und deren Aufenthaltsorte einholen sollten.
Noch nahe am Waldrand trafen wir auf eine zwielichtige vermummte Gestalt. Sofort wurde er verhört, aber der Vermummte gab nur wenig von sich preis. Er bot uns an, uns zur Hütte des Einsiedlers zu führen. Einige waren skeptisch. Ich muss zugeben, dass der Fremde auf mich auch keinen vertrauenerweckenden Eindruck machte… Als er erzählte er sei ein Diener des Todesgottes, war ich irritiert. Er faselte etwas von einem Ungleichgewicht zwischen Leben und Tod und erwähnte, dass er spüren könne, dass Arcann und ich magiebegabt sind. So kam es, dass ich doch froh war, dass wir sein Angebot annahmen. Auf diese Weise würde es mir möglich sein, etwas über diesen seltsamen Fremden zu erfahren.
Inzwischen sitze ich an meiner Schlafstätte auf Nebelwacht, wo ich meine Gedanken notiere. Im Wald war es mir aufgrund der Kälte nicht möglich zu schreiben, da meine Tinte viel zu zähflüssig war. Die Begegnung mit dem Fremden war auf jeden Fall interessant. Ich hoffe, dass ich mich noch an alles erinnere:
Unterwegs unterhielt ich mich mit dem Fremden. Er stellte sich als Shar’arid vor und ich erfuhr, dass er an zwei Götter glaubt, die für Leben und Tod stehen. Dabei steht das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod im Vordergrund dieses Glaubens. Er dient dem Todesgott Shar und versucht durch das Erhalten von Leben dieses Gleichgewicht zu bewahren. Mir sind bis jetzt die Zusammenhänge noch nicht ganz klar. Für mich klingt Leben erhalten eher nach einem Gott des Lebens und nicht nach einem Gott des Todes…
Er erzählte, das Gleichgewicht sei aus den Fugen geraten und dass dafür eine Gruppe Fremder verantwortlich sei. Noch faszinierender als seine Götter war allerdings die Magie, die er zu spüren behauptete. Er erzählte, er könne Magie aus der Natur ziehen und eine Kraft in allen Steinen und Bäumen spüren. Er arbeitete mit Schriftrollen mit fremden Glyphen und ich war völlig fasziniert. Diese Art der spirituellen Energie war mir völlig unbekannt und dem, was man in den Akademien lernt völlig fremd.
Wie sich herausstellte, war Shar’arid selbst der Einsiedler, den wir suchten. Als wir an seiner Hütte ankamen, offenbarte er sich uns – auch wenn er das nicht auf diese Weise geplant hatte. Seine Hütte war vollkommen zerstört und ausgeraubt. Hilflos wie er war, konnten wir uns auf einen Kompromiss mit ihm einigen: Er würde uns nach Nebelwacht begleiten und uns mit Informationen versorgen, wenn wir ihn dabei unterstützen würden, den Vorfall aufzulösen.
Mein Tintenvorrat geht zur Neige und in den kalten Wintern Saltans ist es schwierig neue zu beschaffen, weshalb ich mich kurzfasse: Es war eine interessante Zeit im Wald. Shar’arid hielt Rituale im Wald ab, um Spuren zu verfolgen und ich lernte einiges über seine primitive Art der Magie und über seinen Glauben. Wir trafen schließlich im Wald auf einen besessenen Gardisten, der ein Ritual abhalten wollte, bei dem Shar’arid ihn jedoch unterbrach. Er selbst übernahm mit einem weiteren Ritual kurzzeitig die Kontrolle über den Besessenen und befragte ihn. Die Zusammenhänge sind mir noch nicht ganz klar, aber letzten Endes hat sich alles wieder beruhigt. Shar’arid weiß allerdings mehr, als er vorgibt zu wissen, da bin ich mir sicher. Ich traue ihm noch immer nicht vollends, aber ich bin froh, dass er uns auf Nebelwacht begleitet hat und hoffe noch mehr zu erfahren.