– Reisetagebuch von Bruder Fahlon –
Priester des Tempels zur Gottheit Martu in Sonnengrad,
Hauptstadt des Kaiserreiches Drea
und Chronist der Garde
Jahr 19 L.R.
Welch ein herrliches Fest! Archon Collin und Nyame Shioban hatten zum diesjährigen Konvent der Elemente eingeladen, bei dem auch Askalon vertreten war und somit auch wir. Im überschaubaren Dorf Holzbrück wurde den Elementen gedacht und gefeiert und es gelang mir sogar tatsächlich für einen Moment die Schrecken der letzten Monate zu vergessen. Untätig waren wir indes keines Falls. Sedrick kümmerte sich mit Arcann um die Pflege diplomatischer Beziehungen, Laros ging gemeinsam mit seinem Mündel Elsa seinen Ritterprüfungen nach und ich versuchte mehr über die Mythologie dieses Kontinents zu erfahren. Die Elementarvölker waren selbstverständlich ebenfalls anwesend, sodass mein Wissensdurst zufriedenstellend gestillt werden konnte.
Dilah, die nach dem letzten Feldzug in der Kal’Hattra mein Lehrling in der Wissenssuche werden wollte, musste sich am ersten Tag erst mal beweisen. Ich gab ihr die Aufgabe etwas über die Sephor’Assil herauszufinden, ein Aquavolk, dem wir in Kal’Hattra bereits gemeinsam begegnet waren. Ich begleitete sie dabei, ließ sie aber die Gespräche führen, da sie beweisen sollte, dass sie auch das Zeug zur Wissenssuche hat. Sie stellte sich dabei ganz gut an und setzte auch einige Dinge um, die ich ihr im Vorhinein geraten hatte. Zufrieden erklärte ich, sie als mein Lehrling zu akzeptieren und überreichte ihr zum Zeichen einen Ring mit Apsus Wellen. Eine gute Entscheidung wie sich herausstellte, da ich gemeinsam mit Dilah viel auf diesem Konvent erfahren konnte und bis in die späten Abendstunden mit ihr über die Götter und Elemente debattieren konnte.
Tagsüber flanierten wir über den Marktplatz oder entspannten uns im Lager. Clemens polierte seine Rüstungen, Dilah bestickte Teppiche und Gewänder und ich schrieb mein Reisetagebuch oder spielte Gwent mit meinen Kameraden. Bender und Siegesmund begleiteten häufig den Kommandanten, was mich sehr beruhigte. Auch wenn Magnas Kreaturen hier noch nicht gesichtet worden waren, so gab es doch auf solchen Festen auch immer Diebe, Mörder und anderes Gesindel. Bei den beiden engagierten Gardisten war er aber in besten Händen.
In der Nacht lies Apsu heftige Stürme auf das Land nieder. Auf einen Schlag wurde es taghell und ein ohrenbetäubendes Krachen hallte durch die Luft, während der Regen auf die Zeltplanen trommelte. Das Wasser suchte sich seine Wege und floss quer durch unser Zelt. Bender war so gütig einen Graben um unser Zelt zu ziehen, der die Wassermassen auffangen sollte, aber auch dieser war binnen kurzer Zeit vollgelaufen. Apsu musste aus irgendeinem Grund sehr zornig sein. Tags darauf brannte dagegen erbarmungslos die Sonne auf uns nieder, sodass zumindest alles wieder getrocknet werden konnte. Ich fühlte mich total ausgelaugt und schob es auf die unruhige Nacht.
Gegen Mittag kam Laros auf mich zu und fragte, was es mit dem Brief auf sich habe, den ich ihm geschrieben hätte. Ich war verwirrt – welcher Brief? Ich habe noch nie einen Brief an Laros geschrieben. Er zog ein Pergament aus seiner Gewandtasche und zeigte mir einen Brief an Laros von mir. Völlig irritiert las ich den Brief durch. Der Inhalt war mir zwar völlig fremd und ergab auch keinen Sinn, aber die Handschrift sah meiner täuschend ähnlich. Gemeinsam versuchten wir dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Es war zum Schreien! Alle Hinweise deuteten darauf, dass ich den Brief geschrieben hatte. Sedrick behauptete sogar, ich habe ihm den Brief nachts persönlich überreicht und gebeten ihn Laros zu geben. Meine letzte Hoffnung war Arcann. Alle Anwesenden sollten sich versammeln und er stellte mittels eines Ortungszaubers fest, wer der Autor des Schriftstückes war. Gespannt beobachtete ich das Schauspiel. Der Dolch, der dazu verzaubert wurde auf die Person zu zeigen zuckte hin und her und zeigte schließlich auf… mich! Ich hatte diesen Brief aber nicht geschrieben! Aber an den Worten Sedricks UND dem Zauber Arcanns konnte keiner zweifeln. Warum also? Elsa war demnach in ernster Gefahr. Der Brief forderte Laros auf sein Mündel aus seinen Diensten zu entlassen. Da dies nicht erfolgt ist – wie würde der nächste Schritt aussehen? Und wenn ich Dinge gegen meinen Willen tat und ohne mich daran erinnern zu können… Das musste ein Werk der Götter sein, dessen Sinn sich mir noch nicht offenbaren wollte.
Am nächsten Morgen brummte mir der Schädel. Ich hatte am Abend zuvor in der Taverne viel und schnell Alkohol getrunken. Auf dem Konvent waren einige begabte Bardengruppen unterwegs und wir hatten einen wundervollen Abend dank den Klängen von Bonnies Gesang und den kühlenden Getränken der Taverne der Razash’Dai. Unser Plan ging ebenfalls erfolgreich vonstatten. Sedrick hatte erzählt, dass ich ihm den Brief nachts überreicht hatte. Wir gingen folglich davon aus, dass was auch immer mit mir los war nachts geschehen musste. Aus diesem Grund hatte ich so viel Alkohol getrunken, damit ich schnell müde wurde. Ich begab mich früh zu meiner Schlafstätte und schlief auch schnell ein. Als ich aufwachte saß ich auf einem Stuhl inmitten des Lagers, alle Blicke auf mich gerichtet. Sie sagten ich sei aus dem Zelt gestiegen und hätte versucht Elsa davon zu überzeugen, dass sie als Mündel nicht geeignet sei. Schließlich hatte Arcann mittels eines Rituals eine meiner Ketten mit einem Schutzzauber belegt, die mich davor bewahren sollte, dass etwas oder jemand Kontrolle auf mich ausüben konnte. Der Zauber musste funktioniert haben, denn anschließend bin ich dort wo ich nun war wieder zu mir gekommen. Beunruhigt beschloss ich im geheimen für mich dieses Phänomen zu untersuchen. Viele Theorien spukten nun in unseren Köpfen. Die wahrscheinlichste war meiner Meinung nach, dass es einen Zusammenhang zu Magna geben musste. Mir war zwar kein Vorfall bekannt, in dem Magna einen so großen Einfluss auf Menschen hatte, aber irgendetwas musste dahinter stecken.
Der Tag darauf war ruhiger. Dilah und ich gingen unserer Wissenssuche weiter nach und verbrachten einige Zeit bei den Völkern der Razash’Dai und der Narech Tuloch. Die Gespräche waren sehr ergiebig und ich konnte viele neue Eindrücke über diesen mysteriösen Kontinent und den Elementglauben gewinnen. Dilah und ich nutzten außerdem die Zeit, die Dolch-Wegwerf-Taktik, wie ich sie nannte, zu üben und weiterzuentwickeln. Bei diesem taktischen Rückzugsmanöver ging es darum den Feind zu täuschen, um sein eigenes Leben zu schützen. Man zückte einen versteckten Wurfdolch und täuschte an den Dolch auf den sich nähernden Feind zu schleudern. In Wahrheit schleuderte man ihn jedoch gerade in die Luft und während der Feind der Flugbahn irritiert hinterher sah, drehte man sich auf der Stelle um und ergriff die Flucht. Dilah und ich wurden immer besser darin und schließlich waren wir gut genug, um vor einem Baum zu fliehen. Es war an der Zeit mit realistischen Zielen zu üben und so überzeugten wir Bender mit uns zu üben. Er stürmte auf uns zu, während wir die einstudierten Bewegungsabfolgen durchführten. Dabei musste Dilahs Dolch irgendwie aus ihrer Hand gerutscht sein, denn er flog nicht wie geplant gerade nach oben, sondern nach vorne direkt in Benders Gemächt. Während er in einem Lachanfall und Schmerzen zu Boden ging, kam Elsa herbeigeeilt und verarztete den armen Gardisten. Zu unserem und seinem Glück ist er nicht weiter verletzt worden und wir konnten alle über diesen Vorfall lachen. Leutnant Clemens war weniger erfreut, denn er musste nun einen Bericht schreiben.
Die Festlichkeiten waren indes weiter im Gange. Die Elemente erwählten einen neuen Mitray’Kor und das südliche Siegel hielt Wettstreite ab, um eine neue Nyame zu krönen. Das aufregendste war jedoch das Pömpfball-Turnier, das wohl jedes Jahr abgehalten wurde. Dilah und ich beobachteten das Geschehen aus sicherer Entfernung. Die Zuschauer waren nämlich sehr darauf bedacht ihre Mannschaft zu unterstützen und standen bewaffnet mit Knüppeln jederzeit bereit einzugreifen und alles niederzuschlagen, was ihre Mannschaft am Sieg hinderte. Egal ob Zuschauer, Spieler, Schiedsrichter – keiner war sicher. Das Geschehen war interessant und unterhaltsam zu betrachten und zum Glück gab es auch keine größeren Verletzungen. Kommandant Sedrick spielte zwischendurch selbst in der askalonischen Mannschaft, während Laros und Clemens mit Knüppeln bereit standen jederzeit die Ehre ihres Kommandanten zu verteidigen, was sie auch einige Male taten… Askalon gewann das Turnier zwar nicht, aber es war dennoch ein erfolgreiches und ereignisreiches Turnier und so wurde gefeiert.
Dies war jedoch nicht das einzige Turnier. Mit Hilfe von Sedrick und Clemens organisierte ich ein Turnier zu Ehren Lorotars, bei dem es darum ging Kampfkunst zu beweisen. Die Regeln waren denkbar einfach: Alles war erlaubt, so lange dabei Kampfkunst gezeigt wurde. Gekämpft wurde in einem abgesteckten Kreis. Wer den Kreis verlies oder aufgab, galt als besiegt und der Sieger erhielt Einzug in die nächste Runde. Wir stellten Heiler, die von den Heilern Haradrons unterstützt wurden und Sedrick bestimmte ein Preisgeld für den Sieger. Laros sollte selbstverständlich an dem Turnier teilnehmen. Als angehender Ritter und Anhänger Lorotars stand dies überhaupt nicht zur Debatte. Insgesamt fanden sich acht Teilnehmer, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Leicht gerüstete Kämpfer, schwer gerüstete Ritter, Kämpfer mit Schwert und Schild, Kämpfer mit Schwert oder Axt. Laros kämpfte in voller Rüstung und Helm und seinem Zweihänderschwert gegen einen Ritter, der ähnlich gerüstet war. Sie wirkten lange Zeit ebenbürtig und kämpften geschickt. Schwerthiebe wurden pariert, sie wichen einander aus, nur um anschließend erneut zuzuschlagen. Es sah aus wie ein Tanz und wurde Lorotar definitiv gerecht. Letztlich unterlag Laros jedoch und schied somit aus. Das Turnier gewann Ser Edward Deagan von der ancareanischen Hanse. Interessanterweise wurden die meisten Kämpfe durch überraschende und unehrenhafte Kampfstrategien gewonnen. Es wurde gebissen, geschlagen, geschubst oder einfach aus dem Kreis gedrängt. Laros kam schließlich zu dem Schluss, dass Kampfkunst und Sieg nicht immer mit ehrenhaftem Verhalten einhergehen müssen.