Die Rückkehr nach Nebelwacht

– Reisetagebuch von Bruder Fahlon –
Priester des Tempels zur Gottheit Martu in Sonnengrad,

Hauptstadt des Kaiserreiches Drea
und Chronist der Garde

Jahr 19 L.R.

Wir waren gerade von unserem Feldzug zurückgekehrt und ich war müde nach dem langen Marsch nach Nebelwacht und dem deftigen Abendessen, als plötzlich fremde Männer mit lautem Getöse eintraten. Generalleutnant von Rax von den grauen Luchsen, wie sich ihr Anführer vorstellte, meinte Sedrick seines Amtes als Kommandant entheben zu können und das Kommando über Nebelwacht übernehmen zu können. Sedrick zog sein Schwert. Norronas Zorn in ihm sorgte mal wieder für eine impulsive und schnelle Reaktion: Was er sich anmaße, mit seinem Titel, den niemand kennt von irgendwelchen Luchsen, die niemand kennt, ihm Befehle erteilen zu wollen. Von Rax erklärte er sei vom Geheimdienst und solle im Auftrag die Geschehnisse vor Ort überprüfen und dazu gehöre, dass er die Führung übernehme. Ich nahm einen Blick auf die Dokumente, die seine Adjutantin vor dem Kommandanten auf den Tisch geknallt hatte und erkannte das Zeichen der Inquisition. Bei genauerer Betrachtung sah ich dieses Zeichen auch am Gewand des bärtigen Mannes neben von Rax. Ich klärte Sedrick über meine Entdeckung auf und er ging mit von Rax nach draußen, um die Angelegenheit zu klären. Der Inquisitor kam inzwischen auf mich zu und stellte sich mir als Angmar Gallius Orel vor. Er gab an Fragen an mich zu den Vorfällen im Winter zu haben, erklärte aber, dass er müde sei und wir dieses Gespräch erst am nächsten Tag führen würden.

Ich war gespannt und nervös, was ein Inquisitor von mir wollen könnte. Der Orden der Inquisition war, wie allgemein bekannt, ein Instrument des Kardinals, um die Priesterschaft zu überwachen. Sie waren es auch, die abtrünnige Priester ihres Amtes entheben und bestrafen durften. Ihr Ruf eilte ihnen voraus und ich machte mir Sorgen, wieso nun einer dieser Herren auf Nebelwacht aufgetaucht war. War ich mit meinen Forschungen der Elemente zu weit gegangen?

Sedrick kam einige Zeit später wieder mit von Rax herein. Er erklärte der Kommandant sei jetzt bis auf weiteres einer von uns und er habe jetzt den Befehl. Er nahm gemeinsam mit dem Inquisitor Platz am Offizierstisch und unterhielt sich leise. Während der nun nicht mehr ganz so ausgelassenen Feiereien versuchten Laros und ich etwas über das Vorhaben der beiden herauszufinden. Wir setzten und in die Nähe des Offizierstisches und gaben vor in Ruhe Gwent zu spielen, um die beiden zu belauschen. Der Plan war gut, doch leider waren die beiden zu leise und der Rest zu laut, als dass man etwas hätte verstehen können. Allerdings fand ich neben mir eines von Orels Büchern. Heimlich steckte ich das Buch ein und zog mich in eine Nische zurück, um darin zu lesen. Mein Herz klopfte bis zum Hals, aber ich musste meiner Neugier nachgehen. Zu meinem Leidwesen standen nur völlig unbrauchbare Informationen darin.

Ich begab mich zurück zu Laros an den Tisch und legte das Buch unauffällig zurück. Nach einigen Augenblicken nahm ich das Buch erneut und ging damit zum Inquisitor. Es war besser ihn auf meiner Seite zu wissen, als gegen mich, weshalb ich ihm erklärte, ich hätte das Buch gefunden und wolle es ihm zurückgeben. Wie sich herausstellte, gehörte das Buch nicht ihm, sondern von Rax, der daraufhin seine Adjutantin wegen Unachtsamkeit feuerte.

Am nächsten Morgen gab es ein abscheuliches Frühstück aus zähem, verbranntem Schleim, der sich hervorragend als Wurfgeschoss oder Mörtel zur Restaurierung der Burg geeignet hätte, aber nicht zum Essen. Man merkte, dass der Quartiermeister noch nicht zurück war und sich noch in Freitor aufhielt. Zu unserem Glück brachten die Trosskräfte noch Brot und Wurst, auf das wir uns alle hungrig stürzten. Sedrick, nun nicht mehr Kommandant, musste bei den Gardisten am Tisch sitzen, wurde aber herzlich aufgenommen. Einige, allen voran der Zwerg Grimrok, nannten ihn weiterhin Kommandant, weshalb es einige mahnende Worte von von Rax gab. Im Anschluss an das Frühstück fingen die ersten Verhöre an. Es ging dabei darum, die Vorfälle im Winter zu klären. Generalleutnant von Rax sollte dabei prüfen, ob Sedrick in der Lage sei das Kommando weiterhin zu führen, da es wohl Berichte gab, die besagten er würde überhitzt und unbedacht handeln. Inquisitor Orel sollte die Gegebenheiten rund um Laros und Elsas Tode aufklären und überprüfen, ob schwarze Magie am Werk war. Der Inquisitor war dabei sehr höflich mir gegenüber und ich muss sagen, dass ich mich ganz gut mit ihm verstand. Auf jeden Fall vermittelte er mir das Gefühl, dass er meine Arbeit als Priester wertschätze.

Während der Befragungen warteten wir geduldig im Kasernenraum der Festung. Ulfric, der als Dienstältester seit dem Vorabend als Wachhabender das Kommando hatte, saß mit einer großen Katze auf dem Kopf am Tisch und war nicht ansprechbar. Seine Befehle zu trinken sind ihm wohl selbst am wenigsten gut bekommen… Nacheinander wurden wir alle aufgerufen und verhört. Arcann entdeckte auf dem Offizierstisch einige Dokumente, die wir uns heimlich durchlasen. Darunter eine Liste der Götter und ihrer Gaben und Steckbriefe über Sedrick, Laros, Elsa und mich. Die Steckbriefe steckte ich ein, um sie später genauer analysieren zu können. Kurze Zeit später kam die neue Adjutantin von von Rax und sammelte die Papiere ein. Sie sah sich panisch um, so als ob was fehlen würde, was in der Tat auch der Fall war, und verschwand dann hektisch. Arcann verkündete stolz, er habe die Liste der Götter eingesteckt, woraufhin wir ihn überzeugten, dass er diese nicht brauche. Ich versprach ihm eine eigene Liste anzufertigen und er warf das Blatt unter den Tisch und trat darauf, damit es so aussah, als hätte die Adjutantin das Blatt fallen gelassen. Um das Drama vorweg zu nehmen: Auch sie wurde gefeuert.

Als ich verhört wurde, wurde ich langsam etwas zornig. Seit nun insgesamt zwei Jahren war ich als Priester auf Nebelwacht tätig und nie hatte jemand meine Berichte auch nur ansatzweise bezweifelt. Der Inquisitor versicherte mir, dass es sich nur um reine Vorsichtsmaßnahmen handele und dass er aufgrund einer Beschwerde agiere. Ich war entsetzt. Ein Gardist aus unseren Reihen, ein Freund, eines meiner Schafe, hatte mich angeschwärzt? Warum? Ich ließ den Rest der Befragungen über mich ergehen und begab mich wieder nach draußen. Nach kaum zehn Schritten machte ich kehrt. Es ließ mir keine Ruhe. Ich versuchte zu erfragen, wer und warum er sich beschwerte habe.

Der Inquisitor sagte, dass er mir das nicht verraten dürfe, aber dass er zumindest die Umstände erläutern könne. Demnach sei ein Gardist wohl verunsichert über die Ereignisse im Winter gewesen und habe Angst gehabt, schwarze Magie wäre am Werk. Trotz allem war ich enttäuscht. Warum hatte er sich nicht an mich gewendet, sondern stattdessen direkt so einen Weg eingeschlagen? Ich beschloss der Sache weiter auf den Grund zu gehen und herauszufinden, wer es war.

Im Anschluss an die Befragungen sollte Arcann mit Hilfe eines magischen Rituals feststellen, ob bei Laros oder Elsa Spuren dunkler Magie vorzufinden seien. Er legte den beiden dafür jeweils ein Amulett um den Hals, von dem er behauptete, es würde summen und leuchten, sollte schwarze Magie vorzufinden sein. Er sprach eine Zauberformel und gebannt starrten alle auf das Amulett. Da sich nichts tat, galt der Fall als abgeschlossen und der Inquisitor sicherte mir zu, dass ich mit meiner Annahme, die Götter seien hier aktiv gewesen, wohl richtig liegen würde.

Sedrick wurde im Anschluss an alle anderen verhört. Er wurde öffentlich verhört, sodass alle Gardisten mit anhören konnten, wie er befragt wurde, was er antwortete und vor allem, wie das Urteil lautete. Von Rax gab zu, dass Sedrick eine tadellose Akte vorzuweisen habe, ihn der Zorn, der immer mal aus ihm herausbreche jedoch Sorgen bereite. Ich meldete mich zu Wort und erzählte, dass ich es bereits schon einmal, vergangenen Sommer geschafft hatte einen Teil der Schöpfungsenergie zu extrahieren. Damals war das Ritual rein spirituell. Ich schlug vor ein weiteres Ritual durchzuführen, bei dem gemeinsam mit Arcann auch die magische Komponente mit einfließen sollte. Sedrick stimmte diesem Vorhaben zu und so machten wir uns an die Vorbereitungen.

Wir versammelten uns in einem Kreis um Sedrick, während Arcann eine Zauberformel murmelte. Ich bat alle Anwesenden im stillen Gebet an die Götter Norrona zu besänftigen und sich auf Sedrick zu konzentrieren. Plötzlich kam Laros in voller Rüstung gelaufen und fing an die Gardisten nieder zu schlagen. Er beschimpfte Sedrick und schrie, dass es damit noch nicht getan sei. Sedrick wurde sofort vom Zorn übermannt und stürmte auf Laros zu. Genau das war der Plan. Norronas Funke in Sedrick war in voller Stärke geweckt und Arcann konnte den zuvor vorbereiteten Zauber an ein eigens dafür geschmiedetes Amulett binden. Die Kraft des Zaubers war überwältigend. Kaum hatte Sedrick das Amulett um den Hals gelegt, als er auch schon zitternd zusammenbrach und bewusstlos auf dem Boden lag. Milena rannte zu ihm und untersuchte ihn, es schien ihm aber gut zu gehen. Laros half den Gardisten wieder auf, die bei seinem Schauspiel mitgemacht hatten. Außer Sedrick waren im Vorhinein alle in den Plan eingeweiht worden.

Sedrick kam später wieder im Kasernenraum zu sich. Er war anfangs etwas wirr, aber er erzählte, wie er in seinem Inneren einen Kampf gespürt habe und nun das Gefühl habe, den Zorn unter Kontrolle zu haben. Das Ritual war ein voller Erfolg gewesen. Zwar hatten wir die Kraft nicht aus ihm heraus extrahieren können, aber wir hatten einen Weg gefunden, wie er diese kontrollieren konnte. So lange er das Amulett trug, würde er in der Lage sein, seinen Zorn zu bändigen und gezielt entladen zu lassen. Von Rax war schließlich überzeugt und erhob Sedrick wieder zum Kommandanten auf Nebelwacht. Inquisitor Orel bedankte sich bei mir für die Kooperation und händigte mir ein Schriftstück aus, über das ich mich sehr freute. So sind die Ereignisse letzten Endes doch noch gut für alle Beteiligten ausgegangen und ich begann meine Reise in die Hauptstadt zu planen.

Zum Schluss bleibt nur noch eines zu sagen: Ich liebe meinen geschnürten Apfel.